Mein Kalender war randvoll mit SEINEN Konzert-Terminen. Denn 2020 wollte Martin Herzberg ein großes neues Kapitel im Karrierebuch aufschlagen: Die Tour zum Album "STARS" - Erstmalig mit eigenem Team quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ich war richtig stolz darauf, wie weit Martin schon gekommen ist! Und voller Vorfreude, als seine "Stammcellistin" hautnah beim Abenteuer Erfolg dabei sein zu dürfen.
Martin ist ein Selfmade-Musiker. Erst mit 18 Jahren hat er das Klavier für sich entdeckt. Und hat dann parallel zu seinem Musikwissenschafts-Studium sein Universum mit "bewegender Klaviermusik" aufgebaut. Mit Musik die inspiriert ist von Komponisten wie Ludovico Einaudi und Yann Tiersen. Und für die er Jahr für Jahr mehr Fans begeistern kann. Wie macht er das, dass er den Sprung geschafft hat, allein von seiner Musik leben zu können?
Meine Reise mit Martin begann vor einigen Jahren mit einer Tonaufnahme. Im Kellerstudio seines Freundes spielte ich den Cellopart für ein Duo ein. Und ich konnte Martin überzeugen, es mit meiner Campanula, einem Cello mit Resonanzsaiten zu tun. Ein Vertrauensvorschuss. Irgendwie ein historischer Moment. "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne..." - I HAVE SEEN YOUR SOUL (Video unten) ist für mich eines der magischsten Stücke, denn noch heute bekomme ich selbst Gänsehaut wenn ich es beim Konzert spiele. Es bedarf keines virtuosen Klavierspiels um zu verzaubern. Was ist sein Geheimnis?
Fand Martins Musik früher vorwiegend im Internet statt, wagte er sich nach und nach auch auf Bühnen. In unserer Heimatstadt Berlin konnte ich das erste Mal bei einem Konzert dabei sein. Ich nenne Martin gern einen Klavierflüsterer. Mich fasziniert wie es ihm gelingt, mit wenigen Tönen in eine eigene Welt einzutauchen. Wie er dem Publikum mit seiner Musik und seinen charmant ehrlichen Erzählungen das Gefühl gibt, miteinander in einem heimeligen Wohnzimmer zu sitzen. Und auch die Art und Weise wie er für seine Fans da ist habe ich von Anfang an bewundert.
Auch hinter den Kulissen lief lange Zeit alles homemade. Vieles mit Hilfe von Martins Freunden und seiner Familie. Staunend sah ich dabei zu, wie Martin Jahr für Jahr mehr Konzerte organisierte, Tausende Follower auf Facebook und Youtube seine Videos liken, er mutig immer größere Säle anvisierte... Rückblickend ist es unfassbar, wieviel Energie er in all das stecken musste: Stundenlange Autofahrten mit dem Kombi seiner Mutter zum Konzertort. Martin ist übrigens ein richtig guter Autofahrer - ich habe mich immer gut aufgehoben gefühlt und die Zeit verging wie im Flug. Dann haben wir, meist gemeinsam mit seinen Buddies Sören und Petja die Bühnentechnik auf- und abgebaut. Soundcheck. Oft blieb keine Zeit mehr, noch was zu essen. Jedenfalls für Martin nicht, denn das Konzert ging ja los. Hinterher Autogramme geben und mit den Fans plaudern. Und zurück zu Hause hat er mehr Musik komponiert.
Der Erfolg gibt ihm recht. Alles wächst. Auch sein 4. Album "Liebe & Tasten" produzierte er in Eigenregie und engagierte dafür sogar ein ganzes Streichensemble! Ich verdanke Martin, bei den Aufnahmen die heiligen Hallen des Filmstudio Babelsberg kennengelernt zu haben. Überhaupt verdanke ich ihm sehr viele erhebende Momente. Mit dem Ensemble und Gastmusikern füllt er inzwischen den Saal der Berliner Philharmonie. Plattenfirmen werden auf ihn aufmerksam. Manager wollen sich mit ihm treffen. Aber für Martin muss es passen. Er bleibt ohne Plattenvertrag. Allerdings findet er eine Booking-Agentur. Denn 2020 soll es mit einem festen Technik-Team und erstmalig einer Lichtershow so richtig amtlich auf Tour gehen! Was für ein großer Schritt! Startschuss: Das neue Album STARS.
Stattdessen: Corona-Pandemie. Die Welt hält den Atem an. Konzerte sind nicht möglich. Müssen abgesagt werden. Verschoben. Alles umorganisiert. Dann wieder Hoffnung. Nein; doch wirtschaftlich nicht machbar. Neue Regeln. Wieder abgesagt. Nochmal verschoben... Man kann sich vielleicht ansatzweise vorstellen, mit welchen Ängsten Veranstalter:innen und wir Musiker:innen nun konfrontiert sind. Existentielle Ängste. Ein Ausgebremst werden, dem man hilflos ausgeliefert ist. Als Solo-Selbstständige in Deutschland übrigens ohne nennenswerte Unterstützung. Da möchte ich nichts beschönigen.
Und dennoch gibt es eine interessante Seite am erzwungenen Innehalten. So bedauerlich dieser Einschnitt für Martin und uns andere Beteiligte sein mag: Vielleicht hat es auch etwas Gutes, wenn bei dieser rasanten Fahrt mal der Autopilot ausgeschaltet werden muß. Und man schauen kann, ob man in den festgefahrenen Bahnen eigentlich noch auf dem richtigen Weg ist. Und ob das Bild, das man von sich und seinem Leben hat nicht doch noch facettenreicher ist.
Das sind Gedanken die mich beschäftigen. Ich versuche das Beste aus den frei gewordenen Tagen im Kalender zu machen. Neue Ideen zu verwirklichen. In mich zu horchen was MIR wirklich wichtig ist. Und Martin geht es wohl ähnlich: "Ich habe in diesem Jahr wesentlich mehr neue Musik gemacht. Dies wäre nicht der Fall gewesen, wäre ich viel auf Reisen gewesen.[...] Im Moment arbeite ich an der Solo Piano Version von dem Song Sails, den ich auch schon mit dir am Cello aufnehmen durfte. Dies beschäftigt mich sehr, weil ich das Gefühl habe, zum ersten Mal einen richtig wütenden Song geschrieben zu haben. In dieser Sturmversion -so nenne ich sie- lasse ich einfach mal die Sau raus, und das ist längst überfällig. Ein Teil von mir würde wohl eigentlich gerne Rockmusik machen ;-)"
Lieber Martin, ich bin gespannt wohin dich deine nächsten Schritte führen. Und ich freue mich, weiter Wegbegleiterin zu sein. Und wer weiß, vielleicht entsteht gerade in DIESEM Augenblick das nächste "I have seen your soul" in deinem Studio... Mal sehen ob es rockt...
Martin Herzberg live zu erleben wird voraussichtlich am 14.02.2021 beim großen Livestream-Konzert mit Ensemble möglich sein. Für alle andere Termine gilt es die Daumen zu drücken! Bis dahin holt euch doch einfach sein neues Album "STARS" nach Hause und träumt euch mit diesem Soundtrack durch Zeit und Raum...
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